Man kann es mittlerweile als kleine Tradition bezeichnen. Haben wir doch bereits in den letzten beiden Jahren im Sommer jeweils ein längeres Interview mit der aktuell erfolgreichsten Brandenburgerin TT-Spielerin geführt. Zwar ist die 24-Jährige Vivien Scholz schon länger nicht mehr für den TTVB unterwegs, doch den Weg der gebürtigen Kleinmachnowerin verfolgen viele Brandenburger dennoch sehr interessiert. Dabei erfuhren unsere Leser bereits im 1. und 2. Interview, dass der Start in Ihre internationale Tischtennis-Karriere kein gewöhnlicher war.  Heute nun erzählt sie uns u.a. wie es damit bei Ihr weiter ging.

Frage: Hallo Vivien, danke dass Du Dir wieder Zeit für das Interview nimmst. 😊 Im letzten Jahr hast Du uns u.a. über die ersten 12 Monate in Deiner neuen Heimat Luxemburg berichtet. Mittlerweile lebst und trainierst du nicht nur in Luxemburg, sondern bestreitet auch zahlreiche internationale Turniere unter der Flagge des Landes, in dem lediglich 630.000 Einwohner leben.

Im August des letzten Jahres hast Du Deine wohl vorerst letzte Deutsche Meisterschaft gespielt, bei der Du immerhin bis ins Viertelfinale vorgestoßen bist, ehe deine ehemalige Klassenkameradin und Internatsmitbewohnerin im Deutschen Tischtennis-Internat und spätere Deutsche Meisterin Nina Mittelham Dich stoppte. Was bedeuteten Dir diese Titelkämpfe?

Antwort:  Meine vorerst letzte Deutsche Meisterschaft war tatsächlich etwas Besonderes für mich und wird mir auf jeden Fall in guter Erinnerung bleiben. Ich finde die Halle wunderschön und in Norddeutschland fühle ich mich sowieso immer sehr gut aufgehoben.

Am liebsten hätte ich dort natürlich das Turnier oben auf dem Treppchen beendet, aber das Viertelfinale war auch schon ein tolles Ergebnis. Die Bedingungen in der Halle waren prima, die Unterstützung von meinen weit angereisten Weilern Doris, Serge und Pascal war prima und das Coaching meines kleinen Bruders Toni (der übrigens auch richtig viel Ahnung vom TT hat) war ebenfalls toll. So gesehen stimmte alles – bis auf die Kleinigkeit, dass mir eine fast unschlagbare Nina gegenüberstand. In der Bremer Halle hatte ich vor nicht allzu langer Zeit selbst noch als kleines Mädchen als Zuschauerin gesessen.

Frage: Im Dezember 2021 bist Du dann das erste Mal für Luxemburg bei einem internationalen Turnier, nämlich dem WTT Feeder-Turnier in Düsseldorf, gestartet. In diesem Jahr folgten noch fünf weitere Turniere in Doha, Muscat sowie in Fremont und New York-Westchester in den USA. (Anm. d. Red.: Nach unserem Interview startete Vivien auch noch beim WTT Feeder in Budapest) Zwar hattest du zuvor auch unter deutscher Flagge bereits vereinzelte Turniere gespielt, doch jetzt so richtig regelmäßig am internationalen Turnierzirkus teilnehmen zu können, ist sicherlich eine neue Erfahrung für Dich, oder?

Antwort: Na klar, und eine großartige dazu! Es ist genau das, was ich mir, seitdem ich ein kleines Mädchen war, immer gewünscht habe. Das dies nun wahr wird daran muss ich mich erstmal gewöhnen. In kurzen Worten zusammengefasst, es ist für mich: aufregend, spannend, lustig, faszinierend, manchmal frustrierend und, es macht mich unendlich stolz.

In meinem ersten Zirkusjahr habe ich mir hauptsächlich vorgenommen, in die WTT-Turniere hineinzufinden. Wann muss ich mich wo anmelden? Bei welchen Turnieren bin ich startberechtigt? Wann sind überhaupt wo welche Turniere? Wann buche ich am besten die Flüge dorthin? Mit wem kann ich mir dort ein Zimmer teilen, um Kosten zu sparen? Mit welcher Geldkarte bezahle ich im Ausland? Wann und wie kümmere ich mich um ein Visum? Wie viel Tage vorher sollte man dort anreisen? … Das sind nur einige der Fragen, die mir in den ersten Wochen begegnet sind.

Bisher bin ich bei den meisten Turnieren oft die einzig startende Luxemburgerin. Daher muss ich es auch lernen, offen auf Spielerinnen anderer Nationalitäten zuzugehen, um jemanden zum Einspielen oder zum Training zwischendurch zu finden. Eigentlich bin ich ja mehr so der norddeutsche Typ, also eher etwas ruhiger und zurückhaltender. Doch jetzt heißt es plötzlich, keine Scheu zu haben, auch nicht vor den großen Namen, welche bei den Turnieren dort in der Halle unterwegs sind. Eine Mima Ito aus Japan oder eine Cheng I-Ching aus Taiwan sehe ich nun nicht mehr nur im Fernsehen, sondern spiele mit ihnen am gleichen Tisch 😀. So etwas, ist schon cool. Dies ist anfangs etwas befremdlich, doch nach und nach spüre ich, wie ich mich immer weniger allein und immer wohler in den großen Hallen fühle. Beim letzten Turnier in Slowenien zum Beispiel, konnte ich sogar mit der ehemaligen deutschen Spielerin Amelie Solja im Doppel gemeinsam starten. Wir waren zwar nicht erfolgreich, aber trotzdem war es toll.

Übrigens konnte ich mich nach meinen ersten 5 gespielten Turnieren in der Weltrangliste von Platz 808 auf nunmehr Platz 223 verbessern. Dabei habe ich gesehen, dass ich, wenn ich einen echt guten Tag habe, viele meiner Kontrahentinnen mit etwas Glück schlagen kann. Ich bin jedenfalls in keinem der Spiele sang- und klanglos untergegangen 😊.

Frage: In den USA, hast Du ja nicht nur an den zwei WTT-Turnieren teilgenommen, sondern auch dort trainiert und in einer Liga gespielt. Erzähle uns mehr über deinen USA-Aufenthalt!

Antwort: In den USA hatte ich zuvor noch nie Tischtennis gespielt. Dort fand ein WTT-Turnier in Freemont, in der Nähe von San Francisco statt und eines in New York Westchester. Bevor ich am ersten Turnier in Freemont teilnahm, trainierte ich eine Woche in einem der besten Clubs in den USA, dem „888“. Mein ehemaliger Internatstrainer aus Düsseldorf, Jörg Bitzigeio, ist nämlich nun dort der leitende Coach geworden und lud mich zum Training ein. Das Zentrum ist supermodern und die ganze Halle, inklusive des Bodens, strahlt in einem violetten Ton. Doch erstmal zu dieser tollen Halle hinzukommen war gar nicht so einfach. Mein Anschlussflug in Barcelona wurde nämlich gecancelt und um 3 Tage nach hinten verschoben. Also durfte ich erst einmal spanische Luft schnuppern und machte mir dort eine schöne Zeit mit Training in Sant Cugat und einer Hop-on-Hop-off-Tour durch Barcelona. Dann ging es aber endlich auf nach San Francisco.

Wie schon so oft in meiner Laufbahn war ich die einzige weibliche Person beim Training. Ich fühlte mich trotzdem sehr wohl, da die Amerikaner wie auch die Nationalmannschaft aus Barbados, welche sich dort vorübergehend einquartiert hatten, mich herzlichst integrierten. Nicht nur, dass die Spieler mit mir jeden Tag gemeinsam mit dem Scooter zum Training gefahren sind, nein. Die Barbados Jungs, haben mir sogar die schönsten Ecken in San Francisco gezeigt. So kam es, dass ich einen Blick auf die Golden Gate Bridge erhaschte, das blühende Leben in China Town aufsog oder aber von Weitem die Umrisse vom legendären Alcatraz sah. Mein ehemaliger Trainer und seine Frau haben mit mir zudem mit Blick auf den Union Square auch die aus The Big Bang Theory bekannte Cheesecake Factory besucht und sich im Allgemeinen unheimlich gut um mich gekümmert. Neben den schönen, bleibenden Eindrücken muss ich zugeben, mich auch einmal mit meinem Scooter im gefährlichen Armenviertel von San Francisco verirrt zu haben. Diese Bilder werden mir ebenso im Gedächtnis bleiben.

Außer dem Training habe ich im Club „888“ auch 2-mal an einer League teilgenommen. Hier treffen sich jeden Sonntag Spieler aus verschiedensten Vereinen und treten in nach Niveau eingeteilten 6er Gruppen gegeneinander an, um Punkte zu sammeln für eine Endabrechnung nach der 10. Woche. An einem der beiden Sonntage, konnte ich meine Gruppe (die 2.stärkste von 18) gewinnen. Besonders war hierbei, dass ich fast nur gegen Männer spielen musste. Über die League hinaus hat „888“ auch ein Preisgeldturnier angeboten, welches sehr stark besetzt war, weil dort Nationalspieler aus verschiedensten Ländern nach dem WTT Turnier erschienen. Es wurden wieder Männer und Frauen in einen Topf geworfen, was die Angelegenheit für die Frauen ganz schön schwierig machte. Obwohl ich ein gutes Turnier gespielt habe und dabei gegen die weibliche Nummer 65 der Welt aus Indien gewonnen habe, war im Achtelfinale Schluss und es ist mir nicht gelungen, am Ende mit einem Gewinn nach Hause zu gehen.

Die beiden WTT-Turniere in Freemont und Westchester liefen eher unspektakulär ab. Man könnte es kurz mit gut gespielt, aber noch nicht gut genug, beschreiben. So verlor ich bei beiden Turnieren in der Runde der letzten 32. Einmal gegen den US-Superstar Lily Zhang (2. Platz in Westchester, WR: 38) und einmal gegen die Taiwanesin (3. Platz in Freemont, WR: 60) Liu Hsing-Yin. Auf das Spiel gegen die Taiwanesin bin ich allerdings etwas stolz, da ich sie bis zum Satzausgleich von 2:2 ganz schön ärgern konnte. Im Doppel ist es mir mit meiner italienischen Partnerin dann sogar gelungen, bis ins Halbfinale vorzudringen.

Ein erfreulicheres Treffen hatte ich dann auch noch in der Halle, als sich plötzlich ein potenzieller Sponsor vorstellte und fragte, ob ich Interesse an einer Zusammenarbeit hätte.
So bin ich nichtsahnend auf einmal gemeinsam mit einer anderen Spielerin bei einem Tischtennis-Videoshooting in New York gelandet.

Frage: Und was ist Dir über den Sport hinaus hinaus von Deinem Trip im Gedächtnis geblieben?

Antwort: Außerhalb der Turnhalle brachte mich um 6 Uhr morgens in meiner dortigen Unterkunft in New York das Treffen mit der größten und dicksten Ratte, die ich je in meinem Leben gesehen habe etwas aus dem Gleichgewicht. Sie durchwühlte meinen Abfallbehälter und guckte mich mit riesengroßen Augen an. Ihr Blick signalisierte mir, dass es ihr Zimmer sei.

Am letzten Tag der Reise dann habe ich mit Tischtenniskollegen noch New York besichtigt, inklusive des Central Parks, der Brooklyn Bridge, des Empire State Buildings, des Trump Towers, des Rockefeller Centers und natürlich der Freiheitsstatue. Insgesamt kann ich nach so viel positiver Aufregung den weit verbreiteten, in seinen Bann ziehenden Ruf Amerikas voll verstehen – ist man erstmal angekommen, will man gar nicht wieder weg.

Frage: Reisen wie nach Doha, Muscat oder in die USA kosten ja viel Geld. Wie finanzierst Du Dir diese Reisen, wo doch die Preisgelder der Feeder- und Contender-Turniere ein Witz sind im Vergleich zu den Kosten?

Antwort: Also an Preisgelder zu denken, um damit eventuell die dort anstehenden Kosten zu decken, soweit bin ich noch lange nicht. Und es ist wie Du sagst, selbst wenn man dort einiges gewinnen würde, reicht es nicht. Der Luxemburger Verband unterstützt mich bei Anmeldungen usw., aber leider bin ich noch viel zu bedeutungslos, um mir finanzielle Hoffnungen machen zu können. Mein Verein, der ESV Weil, drückt mir 1000-prozentig die Daumen bei jedem Spiel, aber auch hier stapelt sich nicht das Geld hinter irgendwelchen Türen 😉. Also heißt es am Ende des Tages, sich an meinen größten Fan zu wenden, meinen Papa. Zu meinem großen Glück sind seine Kinder wie auch Tischtennis und dann auch noch in Kombination seine größten und schönsten Hobbys. Mein Papa sagt immer, wir haben den Weg gemeinsam angefangen und wir werden den Weg auch gemeinsam weiter gehen.

Klar, wäre es schön finanziell unabhängig zu sein und die Turniere selbst bezahlen zu können. Doch leider nimmt mein fast tägliches Training so viel Zeit in Anspruch, dass ich keinen Nebenjob machen kann. Auch würde sich jeder Arbeitgeber am Kopf kratzen, wenn ich ihm meinen Turnierplan zeige und sage, also in der Woche kann ich nicht, da bin ich in Doha, na und in der Woche danach auch nicht, denn da bin ich in Muscat, ach ja, zwei Wochen später steht Serbien an…😀.

Aber vielleicht geht es auch tatsächlich anders. Mein Zusammentreffen in New York mit einem Sponsor zeigte mir, dass es über diesen Weg eventuell möglich ist, all die Kosten selbstständig zu bestreiten. Auf gut Deutsch, weitere Sponsoren gesucht 😉!
Ich spreche hier ganz offen über das Thema Geld, weil ich anderen Nachwuchsspielerinnen aufzeigen möchte, was es bedeuten kann, den Weg Tischtennis-Profi zu gehen.
Es ist eben kein normales Leben, welches ich gewählt habe, es ist etwas Außergewöhnliches.

Frage: Wow! Danke für die offenen und interessanten Einblicke in dieses Thema Vivien. Schauen wir mal auf Deine Saison beim ESV Weil in der 1. Bundesliga zurück:
Du hast in der 1. Mannschaft bei 13 von 18 möglichen Spielen im Einzel mitgewirkt und dir dabei eine Bilanz von 9:9 erspielt. Dein Team hat am Ende den sehr starken 4. Platz belegt und ist erst im Play-Off-Halbfinale gegen die späteren deutschen Meisterinnen vom ttc eastside ausgeschieden.
Wie ist Deine Sicht auf die abgelaufene Bundesligasaison?

Antwort: Zuerst einmal möchte ich sagen, dass meine Mannschaft und auch ich natürlich unheimlich froh waren, dass wir diese Saison von Anfang bis Ende bei all den großen Schwierigkeiten, welche sich vor uns auftaten, bis zum Schluss gemeistert haben. Für Viele ist das Thema Corona schon in weite Ferne gerückt, aber vor Monaten noch, war es kein Leichtes, 4 negative, also gesunde, Spielerinnen an den Tisch zu bekommen. Auch mich hatte es leider erwischt. Dann endlich besserte sich die Lage und boom, war das nächste Problem da. Unsere Nummer 3, Jenia, musste Hals über Kopf von zu Hause flüchten und auch unsere Nummer 1, Polina, deren Familie ebenso betroffen war, war mit dem Kopf ganz woanders.

Aber abgesehen von diesen Themen haben wir eine wunderbare Saison gespielt. Wieder mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung die Klasse sicher gehalten und zum zweiten Mal in Folge in die Play-Offs gekommen. Ich konnte meine Punkte dazu beisteuern. Am Anfang der Saison hatte ich immer noch mit meinen Rückenproblemen zu kämpfen. Zudem fühlte ich mich auch mental nicht fit. Es dauerte einige Zeit, bis ich mir das Gewinnen wieder zugetraut habe. Das Dumme in solch einer Situation ist ja, dass man umso mehr man verliert, sich umso mehr Druck macht und umso schwerer wird es wieder in die Erfolgsspur zu kommen. Doch irgendwann klappte es mal wieder bei mir mit dem Gewinnen und am Ende der Saison war ich wieder voll da. Da feierte ich dann auch meinen schönsten Sieg in dieser Spielzeit gegen Tanja Krämer, der ehemaligen deutschen Meisterin. Ich weiß noch, wie aufgeregt ich war, als sie mir als kleines Mädchen ein Autogramm in mein Autogrammbuch eingetragen hat und wie sie dann sogar zwei, drei Worte mit mir wechselte. Damals war ich aber so schüchtern, dass nichts als ein Lächeln und Nicken bei mir zustande kam. Es war also kein Sieg gegen eine x-beliebige, starke Spielerin, sondern gegen eine von mir schon lange hoch angesehene Athletin. Es fühlte sich daher an wie ein Meilenstein, den ich geschafft hatte.

Die Play-Offs waren dann der Knaller, an Spannung nicht zu überbieten und, ich war zum Glück super drauf. Pokalspiele machen eben wirklich Spaß und sind noch einmal was ganz Anderes. Gegen Böblingen konnte ich alle meine 5 Einzel gewinnen und dann gegen Eastside wurde der Schuh auch für mich eine Nummer zu groß.

Frage: Im Januar hattest Du ein, in mehrdeutiger Hinsicht Corona-bedingtes Gastspiel in Deinem Heimatbundesland Brandenburg. Denn da Du Dich aufgrund deiner Corona-Quarantäne bei deiner Familie aufgehalten hattest, war der Weg nicht weit zu den 1. Finow Masters, die nur aufgrund der kurzfristigen und Corona-bedingten Absage der Landesmeisterschaften Damen/Herren ins Leben gerufen wurden und genau nach Deiner Quarantänezeit stattfanden. Was hast Du für Erinnerungen an dieses Event, ganz außer der Reihe und weit weg von den vielen internationalen Turnieren, die Du in den letzten Monaten besuchen durftest?

Antwort: Dieses Event war so familiär, so vertraut, so stressfrei, so lustig, es war einfach wunderbar. Dank an Dich, Johannes, und all die anderen Helfer und Verantwortlichen für diesen Tag. Man muss nicht in Amerika oder Ungarn spielen, um Spaß und auch viel Spannung haben zu können. Spaß hatten wir auf alle Fälle und für Spannung hast Du mit mir im Mixed reichlich gesorgt. Ich sehe noch heute Deine Wahnsinnsbälle, die uns zum Sieg beflügelt haben. Am Anfang hattest Du Dich ja noch etwas zurückgehalten, aber umso länger das Turnier ging, umso mehr bist Du aus Dir herausgekommen und brachtest die Halle zum Staunen. Das Turnier war auch eines der wenigen Turniere, bei denen meine Brüder mit antreten konnten und meinen Vater haben wir an der tollen Snackbar abgestellt –  ein schöner Familienausflug.

Dieser Tag war auch wie ein Treffen mit meiner Vergangenheit, mit Annie Jordan, gegen die ich früher große Schlachten schlagen musste; mit Hendrik Z´dun, den ich stets bewundert hatte; mit Claudia Petereit, die mir mit ihrem manchmal strengem Blick, Disziplin abverlangte… so viele vertraute Gesichter. Und dann traf ich auf eine ganz junge, bewundernswerte Spielerin, Kira Kölling. Aus der wird bestimmt mal was!

Frage: Nach diesem aufregenden und erfolgreichen letzten Jahr würde uns noch interessieren, was Du Dir für die kommenden 12 Monate vorgenommen hast. Was planst Du für die kommende Saison mit dem ESV Weil, an welchen Turnieren möchtest du unbedingt teilnehmen und welche Fortschritte möchtest Du bei Deinem intensiven Training in Luxemburg machen?

Antwort: Nachdem ich den Einstieg in die internationalen Turniere nun geschafft habe, ist es mein Ziel, dort noch mehr Fuß zu fassen. Momentan verspüre ich jede Menge Druck bei meinen Begegnungen dort. Es ist nicht einfach mit dem Gefühl in die Spiele zu gehen, dass dich noch kaum jemand kennt und du dich erst einmal beweisen musst. Was noch hinzu kommt, ist die Tatsache zu wissen, dass nach einem Einzel das Turnier schon wieder vorbei sein kann. Es sind fast immer nur 3 Gewinnsätze und gerade für jemanden wie mich, der mit Startschwierigkeiten zu kämpfen hat und des Öfteren den ersten Satz verliert, ist es natürlich eine Herausforderung das Spiel dann noch zu drehen. Hinzu kommen manchmal noch sehr außergewöhnliche Spielbedingungen wie, dass es Temperaturen von über 30 Grad und eine Luftfeuchte von fast 100 Prozent in der Halle gibt und die Bälle alle durch diese hohe Feuchtigkeit ständig runterfallen oder, dass der Koffer mit dem Flugzeug nicht ankommt und man mit fremden Sachen spielen muss. Möglich ist auch, dass der Anschlussflug nicht erreicht wird und man auf einmal Probleme hat, überhaupt rechtzeitig beim Turnier anzukommen. In den USA gab es beispielsweise auch eine Einspielhalle mit nur 8 aneinander gepressten Tischen, an denen sich nicht selten 8 Spieler pro Tisch eingespielt haben und an ein Umlaufen oder aus der Halbdistanz zu spielen gar nicht erst zu denken war. Auch die Zeitpläne variieren je nach Turnier. Beispielsweise gibt es Turniere mit dem Modus: followed by. Hier kann es sein, dass dein Spiel auf einmal 20min vor der angekündigten Zeit stattfindet oder doch erst 1 Stunde später. Im Hinterkopf hat man natürlich auch immer das Wissen, mit wie viel Aufwand die ganze Reise betrieben wurde und das eben für vielleicht dieses nur eine Spiel. Man verbringt etliche Stunden mit der Planung, Buchung, Zusammensuchen von den Papieren, dann viel Zeit im Flugzeug und an verschiedenen Flughäfen, kommt extra 1/2 Tage früher, bezahlt jede Menge Geld, da man mindestens 3 Nächte das offizielle Hotel pro Turnier zahlen muss und ist es dann soweit: puh, da verkrampft man aber sehr schnell und kann sich oft gar nicht erklären, was gerade passiert ist. Mein Ziel ist es also in 1. Linie mit diesen Herausforderungen besser umzugehen, was auch geschehen mag. Wenn ich es dann noch schaffe mein bestes Tischtennis stets zu spielen, ist das regelmäßige Erreichen der Hauptrunde mein nächstes Ziel. Teilnehmen möchte ich dabei an so vielen Feeder- und Contender-Turnieren wie zeitlich und auch preislich möglich sind.

Auch in der kommenden Saison werde ich beim ESV Weil als Nummer 5 auf der Karte stehen. In erster Linie will ich international vorankommen und wenn Weil mich braucht, bin ich da. So wie in diesem Jahr. Eigentlich war das ja schon mein Ziel vor zwei Jahren. Ich glaube, das hatte ich damals auch in unserem ersten Interview gesagt.

Aber wenn ich natürlich die Gelegenheit bekomme mit Mima Ito, Hina Hayata, Jeon Jihee, Tomakazu Harimoto, Sora Matsushima, Adriana Diaz, Darko Jorgic, Shin Yubin, Haruna Ojio, Miyuu Kihara, Anton Kallberg oder Asuko Sasao, …in einer Halle zu spielen, dann bin ich mal weg 😊.

Johannes Gohlke:

Ich denke, das war ein gutes Schlusswort für unser Interview 2022!

Vielen Dank für die beeindruckenden, ehrlichen und ausführlichen Antworten.
Wir sind schon jetzt gespannt, was Du uns im nächsten Jahr alles erzählen kannst, beim dann 4. Interview mit Dir. Bis dahin wünschen wir Dir viel Erfolg und vor allem Gesundheit. 😊